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DDR-Zeitzeuge hält Vortrag an der FOSBOS

Er ist witzig, unterhaltsam und eloquent. Aber auch bissig. Zumindest dann, wenn er von seinem Leben in der DDR berichtet. In zwei Vorträgen informierte Thomas Lukow rund 100 Schüler der FOSBOS über einen Staat voller Absurditäten.

„Die sind miteinander ins Bett gegangen, um dann übereinander zu schreiben“, erklärte der Zeitzeuge am Beispiel von vier Bandmitgliedern, die sich gegenseitig bespitzelten. Auf die Frage: „Wie krank ist denn das?“ hatte Lukow eine einfache Antwort parat: „Manipulation“. Auch bei ihm habe diese Art der Erziehung funktioniert. „Wenn wir als Kinder ein West-Auto sahen, hieß es, Rotz hochziehen und auf die Frontscheibe spucken“, erläuterte der Referent. „Der Westen war der faschistische Feind, vor dem die Mauer schützen sollte.“

Dass Faschismus auch in der DDR verbreitet war, verdeutlichte der ehemalige Ost-Berliner mit einer makaberen Geschichte. Fünf Neonazis haben einen Afrikaner ermordet. Hierfür bekam der Anführer lumpige zwei Jahre Haft. „Die Tat musste unter den Teppich gekehrt werden, da es Nazis offiziell nur im Westen gab.“

Mit 18 Jahren stellte Thomas Lukow das System DDR in Frage. Doch mit dem Austritt aus der FDJ war auch seine schulische Laufbahn beendet. Wegen versuchter „Republikflucht“ wurde der damals 21-Jährige zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt. „Haben Sie nach der Auflösung der DDR von Stasi-Spitzeln in Ihrem Umfeld erfahren“, fragte Jonas Voigt. Die Antwort erstaunte die Schüler: „Ich gehöre nicht zu den Leuten, die Kontakt zu ihren Spitzeln suchen, um sie zur Rede zu stellen.“ Denn nicht der Spitzel an sich sei das Problem, sondern das System dahinter.

Nach zwei bewegenden Vorträgen waren sich die jungen Leute einig: „Besser hätten wir über die DDR nicht informiert werden können.“ Die Veranstaltung organisierte Marleen Gambel in Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung.

Text und Fotos: Silke Winkler
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