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Zeitzeuge von der GSG9

„Menschen brauchen Vorbilder, die auch unangenehme Entscheidungen treffen“

Fokussierung, Visualisierung, Selbstgespräch, taktisches Atmen – mit dieser sogenannten Performance-High-Ausrichtung als unmittelbarer Vorbereitung begaben sich Aribert Martin und seine Kameraden von der Eliteeinheit GSG9 im Oktober 1977 in Mogadischu in ihre wichtigste Mission: Die Stürmung der Lufthansa-Maschine „Landshut“, die in der Hand von palästinensischen Terroristen war.

Etwa 100 Schüler lauschten gebannt Martins Schilderungen zum „Deutschen Herbst“ im Dialog mit Rosaviola Frohneberg von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ), die den Zuhörern auch den geschichtlichen Hintergrund des Terrorismus durch die Rote-Armee-Fraktion anschaulich näherbrachte. Die von Tobias Raab organisierte Veranstaltung bot ihnen die seltene Gelegenheit, Informationen über ein Schüsselereignis deutscher Geschichte aus erster Hand durch einen direkt Beteiligten zu erfahren.

Aus etwa 2 km Entfernung schlichen sich Teams der GSG9 an das Flugzeug an, wobei sie schon einen extremen Gestank wahrnahmen, den Aribert Martin bis heute nicht vergessen hat. Dieser kam daher, dass die Passagiere tagelang ihre Notdurft im Flugzeug verrichten mussten. Martin und seine Kollegen verspürten Druck, aber keine Angst. Die Atmosphäre war geprägt von hoher Konzentration, Entschlossenheit und der oben erwähnten Performance-High-Ausrichtung. Man hatte Routine vom ständigen Üben solcher Situationen, dennoch wusste man nicht genau, was einen erwartete. Auf das Kommando „Feuerzauber“ wurden die Türen der Maschine geöffnet, die vier Entführer ausgeschaltet und alle Geiseln befreit. Martin selbst musste dabei nicht schießen, sah jedoch einen Terroristen vor sich sterben. Außerdem hatte er Glück, als eine Granate in seiner Nähe explodierte.

Die Zuhörer waren gefesselt von Martins Ausführungen und stellten eine nicht enden wollende Anzahl an Fragen an den Referenten, der ihnen mit auf den Weg gab, sich selbst etwas zuzutrauen, nie aufzugeben, sich nicht unterkriegen zu lassen und sich zu trauen, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen.

Text und Fotos: Tobias Raab
 
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