Theatergruppe der FOSBOS begeistert
Die deutschen Kleinstädter erobern die Bühne
Vielschichtig und zum Schreien komisch! Das Schauspielensemble der FOSBOS Weiden nahm die kleinstädtische Klatschkultur unter die Lupe. Für eine großartige Inszenierung des Lustspiels „Die deutschen Kleinstädter“ von August von Kotzebue gab es nach 80 Minuten viel Jubel und langanhaltenden Applaus.
Der Inhalt des auf der Bühne der FOSBOS Weiden dargebotenen Stücks ist schnell erzählt: Sabine soll Sperling heiraten, liebt aber Olmers. Es folgt ein Aufschrei in Familie und Bürgerschaft. Dann das Happy End: Sabine bekommt Olmers.
Mit raffinierten Zutaten und klugen Ideen verpasste das Schauspielensemble um David Steeger und Kristin Grüneich der simpel strukturierten Beziehungskomödie einen aktuellen und absurden Anstrich. Gespielt wurde in drei Kabinen, wobei die Handlung immer identisch blieb. Lediglich die Emotionslage wechselte von stark untertrieben über normal bis hin zu völlig überdreht. Den vordersten Teil der Bühne belagerten fünf herrliche Tratschtanten, die das Beziehungswirrwarr im Hintergrund kommentierten. Doch die wichtigste Aufgabe der Damen war es, das Publikum mit aktuellem Tratsch aus Weiden und der Region zu versorgen. Der Klatsch steigerte sich im Laufe des Abends zur haltlosen Hetze: „Natti ist in der Schule alkoholisiert.“ „Jessi ist schwanger.“ „Kayla klaut“, zischten die 18 Schauspieler den Zuschauern ins Ohr. Am Schluss musste das Publikum für sich selbst entscheiden, welches der drei Enden keine Falschmeldung darstellt.
Die Inszenierung war absolut sehenswert. Mit spärlichen Mitteln erschufen die Schüler Bilder von wunderbar kühler Poesie. Alle Schauspieler brillierten in ihren Rollen und sorgten für einen großen Theaterspaß. Carina Otten, Sophia Nefe und Natthanika Koiram gaben eine wunderbare Sabine, die starrsinnig, romantisch, aber auch eingebildet sein konnte. Die Rolle des einfältigen und sturen Bürgermeisters, der „den Kot auf der Straße liegen lässt“, war mit Tammy Hess, Kayla Laidley und Jessica Niederhaus bestens besetzt. Finley Hilburger, Semen Tymorevskyy und Mateusz Niemczuk fühlten sich in der Rolle des natürlichen und unbeschwerten Großstädters Olmers sichtlich wohl. Eine herrlich fein austarierte Mischung aus Weichei und Macho gaben Sophia Schwarzmeier, Elli Prem und Lara Yerlikaya in der Rolle des Sperlings. Der immer nörgelnde und leidenschaftslose Postbote war Elina Wachtmann auf den Leib geschrieben. Falls Elina keine Karriere auf der Bühne machen sollte, wäre eine Bewerbung bei der Gewerkschaft mit Sicherheit angebracht.
Ein Highlight waren die Tratschtanten. Christina Neumeier, Lilli Spangler, Kezia Emanuel, Cecilia Wagner und Franziska Porkert bewiesen, dass sie alle Facetten des Tratsches beherrschen: Sie verbreiteten boshafte Gerüchte im Flüsterton, berichteten erschrocken über sensationelle Schlagzeilen und verloren kreischend die Nerven. Auch die Personen hinter der Bühne machten einen großartigen Job: Verantwortlich für Maske, Kostüm, Ton und Licht waren Sara Canak, Meike Gassmann und Stefan Hanf.